Ein goldener Oktober in jeder Hinsicht. Es ist tagsüber noch schön warm und Jerusalem entfaltet seine schönen, warmen (goldenen) Farben beim Sonnenuntergang im Herbst ganz besonders. Die Nächte kühlen ab und die ersten Pullover und Jacken werden hervorgeholt. Zugvogelschwärme am Himmel, besonders im syrisch afrikanischen Graben der unser Land von Eilat im Süden bis zum Hulatal im Norden durchzieht, verkünden uns den Winter der bald vor der Tür steht. Es ist die Zeit der Energieersparnis, wo im Lifegategebäude nicht mehr gekühlt aber auch noch nicht geheizt werden muss und unsere Stromrechnung wesentlich freundlicher aussieht. Die Menschen sind unterwegs die Oliven zu ernten und dann ein schmackhaftes Öl zu pressen. Auch unsere Öl Lieferung nach Deutschland ist in Vorbereitung und noch einmal konnten wir die Quantitäten erweitern und auch an Verfeinerungen unseres Öls arbeiten. Ein Monat mit vielen Aktivitäten in unserem Haus und wunderschönen Überraschungen. Die ersten Besucher kündigten sich nach fast zwei Jahren wieder an – wir sind gespannt, ob sie wirklich eintreffen. Laut offizieller Nachrichten soll sich das Land im November wieder öffnen. Vielen Menschen, die ihren Lebensunterhalt irgendwie mit und um den Tourismus herum verdienten, warten sehnsüchtig. Wir gehören dazu und freuen uns auf Besuchergruppen auf freiwillige Helfer/innen und Gäste in Lifegate Garden. Gerne berichten wir über einige herbstliche Streiflichter im Oktober.
„Mobilität ist Lebensqualität“
Die Lifegate Hilfsmittelabteilung mit unserem amerikanischen „Rollstuhlengel“ Richard Stephan arbeitet zurzeit mit der Hilfe zweier weiterer Organisationen an der Anpassung und Ausgabe von Rollstühlen und Hilfsmitteln an verschiedenen Plätzen im Land. Ein Container mit Rollstühlen ist bereits auf dem Weg aus den USA und Richard versorgte bisher schon die ersten Kinder aus unseren alten Hilfsmittelbeständen. Jedes Hilfsmittel wird von Richard mit großer Liebe und Sorgfalt individuell auf die Behinderung des Kindes angepasst und zugeschnitten. Hier helfen unsere Experten aus der Lifegate Schlosserei, der Schreinerei und der Schuh und Lederreparaturwerkstatt fleißig mit.



„Neuer Service“
Die Lifegate Hilfsmittelabteilung ist im Raum Bethlehem sehr bekannt und viele Menschen wenden sich an uns um Hilfsmittel zu erhalten und auch zu reparieren. Schauen wir allerdings in andere Gegenden des Westjordanlandes selbst in die größeren Städte, finden die Menschen dort weder die Hilfsmittel noch Möglichkeiten zB. defekte Rollstühle repariert zu bekommen. Oft bleibt die Mobilität der Menschen dann auf der Strecke, bis sich vielleicht ein Familienmitglied auf den Weg macht Hilfe zu suchen.
Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir mit Hilfe der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit neben der orthopädischen Werkstatt auch einen ambulanten Hilfsmittel- und Reparaturservice für Menschen im gesamten palästinensischen Gebiet aufbauen können. Ein dafür ausgestattetes Servicefahrzeug wird verschiedene Orte im Land anfahren, wo im Vorfeld Organisationen, die mit uns zusammenarbeiten, Menschen die Hilfsmittel benötigen, kontaktieren und einbestellen. Unser Team kann vor Ort „Maß“ nehmen und beim nächsten Besuch zB. einen angepassten Rollstuhl mitbringen. Es sollen Hilfsmittel vor Ort repariert werden und Ersatzstühle ausgegeben werden, bis der Originalstuhl in Lifegate wieder einsatzfähig gemacht werden kann. Auch Krankenhausbetten, Gehhilfen und viele andere Hilfsmittel werden in einem Ausleihsystem bedürftigen Menschen zur Verfügung gestellt. Ein neuer Mitarbeiter und zwei Auszubildende arbeiten in diesem Projekt mit. Das Leben vieler Menschen, die bisher noch keinen Zugang zu Hilfsmitteln hatten oder deren Rollstühle wegen einem Defekt nicht mehr funktionieren, sollen wichtige Hilfe erfahren. Gleichzeitig wollen wir den Standard im Land mit unseren qualitativ hochwertigen Hilfsmitteln erhöhen. Unser Einsatz kann auch dazu führen, dass wir permanente Hilfsmittelzentren an zentralen Orten mit der Hilfe einheimischer Menschen und Organisationen aufbauen können.
„Nachbarschaftshilfe“
Passend zu all diesen Aktivitäten spendete uns die israelische Hilfsmittel Organisation „Yad Sarah“ mit der wir seit Jahren freundschaftlich verbunden sind, gebrauchte Hilfsmittel und Rollstühle in gutem Zustand. Eine Hilfe die vielen Kindern und jungen Menschen eine bessere Lebensqualität ermöglichen wird.
„Kleine Schritte in ein neues Leben“
Wie im September angekündigt ist unser neuer Orthopädie Techniker Jonas Weinholz gut angekommen und hat die von seinem Vorgänger Simon Rössler eingerichtete Werkstatt in Betrieb genommen. Jonas begann die ersten „orthopädischen Schienen“ für Kinder bei Lifegate anzufertigen. Mit dieser Versorgung können Füße korrigiert werden, Kinder zum Stehen kommen und vielleicht sogar laufen lernen, welch schöne Perspektiven, wir sind sehr dankbar für diese Möglichkeiten!
„Neuigkeiten aus der Gruppe unserer Kinder mit schwerst und mehrfach Behinderungen“


Loay ist zwei Jahre alt. Er ist einer von Drillingen. Seine Geschwister sind gesund und entwickeln sich ihrem Alter entsprechend. Loay haben wir im Juni diesen Jahres in einem Erst-Kontakt-Gespräch kennengelernt. Er kam mit seinen Eltern. Seine Mutter war sehr frustriert, da sie glaubte, dass Loay nichts kann und auch kaum entwicklungspotenzial hat. Loay hat kurz nach der Geburt eine Einseitenlähmung seines Körpers gezeigt. Schon im Gespräch sind die Möglichkeiten dieses Jungen wirklich deutlich gewesen. Also haben wir der Familie einen Platz in der Gruppe für die etwas mehr pflegebedürftigen Kinder angeboten, um mit dem Jungen möglichst zeitig mit der Förderarbeit anzufangen. Seit September ist Loay in der Gruppe vollständig integriert. Seither hat er sich sehr gut entwickelt. Er ist sehr kontaktfreudig. Lacht viel. Er spielt inzwischen selbstständig auf der Matratze, krabbelt, fängt an, einige Worte zu sagen, steht und läuft mit Hilfe. Wir haben große Hoffnung, dass Loay nächstes Jahr im September eventuell in den Lifegate Förderkindergarten aufgenommen werden kann.
„Team Work“
Amelie, Lilith und Annemarie, unsere Volontärinnen, sind dabei sich in Schule, Kindergarten und in der Klasse der Kinder mit einer Schwerstbehinderung gut einzuleben. Es fand ein erstes Treffen mit Austausch aller Volontäre/innen der Entsende Organisation DVHL im Land statt, das unser „Trio“ mit einem Ausflug ans Mittelmeer verband. Dieser Tage begann nun auch der Arabisch Unterricht bei Lifegate. Die Damen können im freiwilligen Jahr alle vier Monate den Einsatzort in der Einrichtung wechseln um somit ein gutes Gesamtbild über unsere Arbeit zu erhalten.
Unsere pädagogische Beraterin und Supervisorin Angela Köster hat ihre Sichtungsphase in der Einrichtung abgeschlossen und wird nun ihre ersten Schwerpunkte in der Begleitung der Förderschulleitung und einzelner Lehrerinnen setzen.
Die neu eingestellten palästinensischen Lehrerinnen und Therapeuten finden ebenfalls ihren Platz im Team und arbeiten sehr motiviert mit den Kindern und Jugendlichen.
Wir bereiten für den nächsten Monat einen Tag der offenen Tür vor, wo wir Familien unserer Kinder aber auch Menschen aus unserem Ort einladen wollen Lifegate besser kennenzulernen. Die Gäste sollen ermutigt werden ihre Ängste und Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen zu überdenken und neue Erfahrungen zu sammeln. Ein buntes und fröhliches Programm soll viele Menschen ansprechen und zu mehr Miteinander führen.
„ab die Post“
19 stramm gepackte Kartons sind im Oktober auf die Reise nach Deutschland gegangen und wir hoffen, dass es die schönen Lifegate Geschenk Gegenstände aus Keramik und Olivenholz noch unter viele Weihnachtsbäume schaffen. Wir konnten in diesem Jahr die meisten der früher dazu gekauften Produkte selber herstellen und damit unsere Produktion auf einen höheren Stand bringen. Wir danken unserem neuen Ausbilder und den jungen Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen, die fleißig dazulernen. Deutsche Freunde berichteten zu unserer Freude über Weihnachtsmärkte und Basare, die in diesem Jahr wieder stattfinden dürfen, auf denen unsere Produkte dann angeboten werden.
„Das Auge isst mit“
Jeden Abend gegen 18.00 Uhr kündigen Klingelzeichen meines Telefons die Bildergalerie des Tages aus der Lifegate Küche an. Mario unser Koch kennt sich nicht nur mit dem Kochlöffel aus, sondern fotografiert auch gerne. So komme ich auch im Oktoberbericht nicht um unsere Küche herum und baue ein paar Bilder der „Zauberkünstler“ aus unserem Küchenausbildungsprogramm ein. Guten Appetit!





„Schuld sind die Chips“
Der drastische Chipmangel in der Autoindustrie hat sich mittlerweile herumgesprochen und auch unser von Freunden gespendetes Fahrzeug für die Transporte auf der palästinensischen Seite steht irgendwo in der Welt fertig zur Auslieferung und wartet auf die Computerchips, damit es endlich verschifft werden kann. Zum Glück ist das Auto für die Krankenhaustermine in Israel und vor Ort noch vor der Chip Krise zusammengesetzt worden und leistet uns gute Dienste. Das jetzt auch der neue Lifegate Aufzug wegen des Fehlens des richtigen Computer Chips immer noch nicht fährt, ist eine ironische Zusammenkunft. Auch hier ist Abhilfe versprochen.
So sind wir dankbar, dass wenigstens die Kartoffel Chips noch in unseren Supermarkt Regalen stehen und wir damit die sonst so traurigen „Chip Nachrichten“ aus unserer Realität besser verkraften (verknabbern) können.
„Wir haben ein großes Wunder erlebt“
Haben wir Anfang Oktober noch gebangt und gezweifelt, ob und wie wir dem Druck des Verkäufers (das Land jetzt sofort verkaufen zu müssen) des Nachbargrundstückes standhalten können ohne das Land zu verlieren, passierten gleich mehrere wunderbare Überraschungen. Gute Freunde unserer Arbeit boten uns zinslose Darlehen mit sehr bequemen Rückzahlungsmodalitäten an. Eine Unterstützer Organisation unserer Arbeit wandelte das Darlehen in eine Schenkung um und stellte uns auch die Unterstützung für den Bau der geplanten Erlebniswelt für Kinder mit Behinderungen auf diesem Stück Land in Aussicht. Weitere Freunde versprachen sich in der nächsten Zeit stark für den Kauf weiterer Quadratmeter zu engagieren. Das war für uns das Signal jetzt das Grundstück zu erwerben und die geliehene Summe langsam oder auch schnell bei Mithilfe vieler Freunde zurückzahlen. Wir sind wieder einmal beschämt über unseren kleinen Glauben und von Herzen dankbar über die vielen Menschen die uns vertrauen, die mithalfen und noch mithelfen werden. Mögen Sie alle den an uns gespendeten Segen vielfältig zurückerhalten! Danke auch im Namen der Kinder und jungen Menschen, die von diesem Land profitieren werden und unserem gesamten Team in Beit Jala und in Deutschland!

„Traditionen sind wichtig“ – rund um die Olivenernte
Die alljährliche Olivenernte, die bei uns im Oktober und November stattfindet verbindet Generationen von Menschen. Jung und Alt sind unter den Bäumen zu finden, um die Oliven wie seit hunderten von Jahren mit der Hand zu pflücken oder auch Planen unter den Bäumen auszulegen und die Oliven mit Stöcken von den Bäumen zu schlagen und dann aufzulesen. Die wenigen modernen Hilfsmittel, die es für diese Ernte gibt (Rotoren an Stöcken befestigt) haben sich eigentlich nicht durchgesetzt, da sie oft auch die Bäume beschädigen. Die gemeinsame Ernte, sei es nur im kleinen Garten oder im Olivenhain, wird begleitet von regen Unterhaltungen, einem leckeren Picknick, das man vorbereitet hat und die Kinder hören manche Geschichte aus vergangenen Tagen. Die Oliven werden anschließend zu einer der Ölpressen im Ort gebracht, die nur in diesen Monaten arbeiten – ein weiterer Kommunikationsplatz mit vielen anderen Olivenbauern und ihren Familien. Rund um Beit Jala und in den Bergen Jerusalems finden wir die Überreste alter Ölpressen aus der Zeit der Römer (70–300 BC). Olivenbäume werden sehr alt und könnten sie Geschichten erzählen, kämen wir aus dem Staunen nicht heraus. Stehen sie auf Bauland werden sie meistens nicht abgeholzt, sondern verpflanzt und schlagen am neuen Platz wieder aus. Sie tragen jedes zweite Jahr ergiebig und ruhen sich dazwischen etwas aus. Auf unseren kargen Böden ohne Bewässerung im Sommer sowieso ein Wunder, wieviel Früchte sie tragen.
Nach der Ernte werden die Bäume gestutzt und Äste abgesägt, die Zeit wo auch wir unser Olivenholz kaufen, das dann aufgeschnitten wird und ein Jahr trocken lagern muss, damit es verarbeitet werden kann. So wird auch unser Holzlager jeden Herbst gefüllt und viele schöne Gegenstände werden im neuen Jahr aus dem trockenen Vorjahresholz gesägt, geschnitzt und gedrechselt.
Der Ölbaum und seine Früchte hat seinen Platz in vielen biblischen Geschichten. So spricht der Apostel Paulus vom Ölbaum (den Wurzeln) Israel, in den die Menschen die an Jesus glauben aus den anderen Nationen eingepfropft worden sind. Das Öl wurde vom barmherzigen Samariter zur Linderung und Heilung der Wunde des Verletzten gebraucht und es wurde benutzt die Könige Israels zu salben. Im Jakobusbrief werden wir aufgefordert über kranken Menschen zu beten und sie mit Öl zu salben. Wenn man Öl und Mehl in den Krügen hatte, konnte man Brot backen und überleben (Die Witwe und ihr Sohn und der Prohet Elia). Wir benutzen das gesunde Olivenöl für unsere Salate und unsere mediterrane und arabische Küche und freuen uns, dass wir es vielen Menschen auch in Deutschland anbieten können (Lifegate Werkstatthandel).
..Dazu die passende Kleidung..
Beim fröhlichen Zusammensein nach der Olivenernte zeigt man auch gerne seine ganz besonderen Kleider, die in Handarbeit liebevoll bestickt wurden und ebenfalls zur arabischen Tradition unseres Landes gehören. Unsere Kindergartenkinder brachten dazu ihre „besten Stücke“ von Zuhause mit und freuten sich über die „kleine Zeitreise in die Vergangenheit“. In unserer Lifegate Stickabteilung pflegen wir dieses alte Handwerk und sticken die traditionellen Muster auf Taschen, Buchhüllen und Kleidungsstücke, die man heute noch gerne verwendet. So bleibt die „gute alte Zeit“ auch heute mit uns lebendig.
Mit dem Ausgang des Oktobers verabschiedete sich auch bei und die Sommerzeit, mehr Licht am Morgen dafür frühere Dunkelheit am Abend. Ein Monat auf den wir wieder dankbar zurückblicken.
Danke Euch allen für Euren Einsatz für das Nachbargrundstück, aber auch die täglich stattfindende Rehabilitationsarbeit mit Kindern und jungen Menschen. Danke für alle Gebete und allen Segen, den wir empfingen und weiterreichen durften! Ab heute (1.11.2021) dürfen wieder Touristen in unser Land kommen, die ersten Gruppen haben sich auch bei uns in Lifegate Garden angesagt. Unsere Welt darf wieder ein bisschen größer und bunter werden, mit den Gästen aus anderen Ländern. Wir freuen uns darauf!
Wir wünschen Gottes Segen und grüßen herzlich
Ihr/Euer Burghard Schunkert und das Lifegate Team