Situation
Die mit einer Stimme Mehrheit in der Knesset verabschiedete neue israelische Regierung hat keinen leichten Stand und wir sind gespannt wie es diesen Vertretern unterschiedlichster Parteien gelingen wird, das Land voranzubringen, zumal das einzige formulierte Ziel der Opposition die Absetzung dieser Regierung ist. Selbst Gesetzesvorlagen, die noch von der in der Opposition sitzenden alten Regierung stammen, werden nun kategorisch abgelehnt. Es geht nicht um die Sache, sondern nur um die Macht. Genau dieses selbstherrliche Denken lähmte das Land nun bereits viele Jahre und wir hoffen, dass das Versprechen der neuen Regierung: „Wir sind angetreten, um zu arbeiten“, bald sichtbare Früchte tragen wird und die Menschen wieder Vertrauen zur Politik gewinnen. Der dringend notwendig zu erstellende Haushaltsplan, der seit zwei Jahren überfällig ist, wird der erste wirkliche Prüfstein für die neue Regierung werden. Beim Verteilen der Gelder hörte die Freundschaft in der Vergangenheit allzu rasch auf. Möge es diesmal gelingen.
Die Situation mit dem Gazastreifen und das Verhältnis zwischen arabischen und jüdischen Menschen innerhalb Israels bleibt weiterhin angespannt. Es sind die radikalen Gruppen auf beiden Seiten, die die Stimmung immer wieder anheizen und ganze Städte und Dörfer in Aufruhr bringen. Die oft überaus hart durchgreifende israelische Polizei und Grenzpolizei macht sich dann allerdings auch keine Freunde.
Zum Glück gibt es sehr viele Menschen, die sich öffentlich für ein respektvolles Zusammenleben und miteinander Arbeiten aussprechen und auch in den Medien den dafür so wichtigen Raum erhalten.
Nachdem wir uns gerade einmal zwei Wochen (nach einem Jahr) wieder in das unmaskierte Gesicht schauen konnten, hören wir nun vom „indischen Deltavirus“ einer, laut Medien, hoch ansteckenden Corona Version, an der vor allem Schulkinder in zwei israelischen Kleinstädten erkrankten, die sich aber von dort aus auch weiterverbreitet. Neue Corona Maßnahmen werden nun diskutiert und die Masken müssen innerhalb von geschlossenen Räumen wieder getragen werden. Immer wieder wird der Flughafen, an dem viele Menschen ankommen und jetzt in den Ferien auch wegfliegen wollen, als einer der Orte genannt, wo Corona Mutationen aus dem Ausland zu leicht eingeschleppt werden können. Strikte Sicherheitsmaßnahmen sollen wieder in Kraft gesetzt werden und eine verbindliche Quarantänezeit für ankommende Reisende könnte da wieder dazugehören. Mit vielen Menschen hoffen auch wir, dass die Impfungen auch gegen die Mutationen Schutz bieten und wir keiner neuen großen Ansteckungswelle im Land entgegengehen.
Die nun bald beginnenden Sommerferien in Israel werden vermutlich helfen, dass keine weiteren Schulkinder unmittelbar betroffen werden.
Förderarbeit
Ein intensiver Fördermonat ohne einen einzigen an Corona erkrankten Menschen bei Lifegate liegt hinter uns und wir sind erleichtert und dankbar. Alle Team Mitglieder erhielten beide Impfungen. Die Vorbereitungen für die Eröffnung der neuen Klassen hat begonnen, die Ausstattung für die schwerst-behinderte Klasse ist angekommen und wird jetzt in den Räumen aufgebaut. Neue Mitarbeiterinnen im Schul- und Therapiebereich besuchten uns im Juni, um die Arbeit kennenzulernen, ausscheidende Teammitglieder (Hochzeit und Wegzug, sowie Arbeitsplatzwechsel) müssen ersetzt werden und mehr Personal ist für drei neue Förderklassen erforderlich.
Am Ende eines Schuljahres werden in den Regelschulen die Kinder feierlich verabschiedet und erhalten ihr Zeugnis. Bei uns gibt es keine klassischen Zeugnisse (sondern monatliche Förderberichte) aber den feierlichen Abschied eines Schuljahres, wollten wir dann doch nicht ganz ausfallen lassen. So erlebten auch die Lifegate Kinder im Kindergarten und in der Förderschule ihren ganz persönlichen Schuljahresabschluss mit „Photoshooting“.
Angela Köster, die unsere Schularbeit mit Supervision unterstützt, konnte mit ihrem Ehemann Fred in die neu gemietete Wohnung einziehen, die gleich in der Nachbarschaft unseres Zentrums liegt. Kurze Wege, vielleicht auch zu den vielen Lifegate Blumen, die im Sommer gegossen werden müssen.
Unsere Hilfsmittelabteilung führte zusammen mit Studenten aus der Universität Bethlehem eine Hilfsmittelausgabe und Anpassung bei Lifegate durch. Elf Kinder wurden mit Rollstühlen, Buggys und weiteren Hilfsmitteln versorgt, die in unseren Werkstätten passend für jedes Kind besonders maßgeschneidert wurden.
Die Bibel Gesellschaft aus Bethlehem nutzte unseren Innenhof in den bereits begonnenen Schulferien der Regelschulen, um einen Keramikkurs für Kinder und Jugendliche mit anschließendem Mittagessen anzubieten. Alle Beteiligten fühlten sich sehr wohl.
Sorgenkinder
Der 6‑jährige Rashid (unten rechts) aus der schwerst-behinderten Klasse und die 5‑jährige Rinat aus dem Kindergarten waren in diesem Monat unsere besonderen Sorgenkinder. Rashid leidet an immer wiederkehrenden gefährlichen Lungenentzündungen, weil immer wieder Nahrung in seine Luftröhre gelangt. Nur eine Sondenernährung konnte hier Abhilfe schaffen. Nach dem Verlegen der Sonde in einem operativen Eingriff, bekam der kleine Junge eine Magen Darm Infektion und anschließend eine Hirnhautentzündung. Ein dringender Aufruf zum Gebet unserer Krankenschwester erreichte unser Team am Sonntagabend, Rashid sei in einem sehr schlechten Zustand. In einer Notoperation konnte der Druck von Rashids Gehirn genommen werden und heute berichtete uns die erleichterte Mutter der Junge sei außer Lebensgefahr.
Rinat (unten links) leidet unter epileptischen Anfällen und wieder mussten wir sie während eines schweren Anfalles in das Caritas Babykrankenhaus in unserer Nähe bringen, wo ihr sofort geholfen werden konnte. In der neuen Gruppe der schwerstbehinderten Kinder gibt es gleich mehrere Anfallspatienten und wir stellen uns auf diese „Notfahrten“ ein. Wir danken Gott, dass beide Kinder wohlauf sind und schon in den nächsten Tagen wieder bei uns sein werden.
Jeries ist ein junger Mann, lernverzögert und mit einer Sehbehinderung, der seit Jahren in der Olivenholzwerkstatt einen beschützenden Arbeitsplatz einnimmt. Sein Vater verstarb in seinen Kindheitsjahren und der junge Mann lebt mit seiner Mutter und einem Bruder, der jetzt nach einem Auslandsstudium zurückkehrte. Seit einem Monat geht es ihm nicht gut, seine Sehfähigkeit verschlechterte sich und er hat sein Selbstbewusstsein verloren, oft weint der junge Mann. Wir versuchen mit ihm in Gesprächen, auch mit fachlicher Unterstützung, an die Ursachen heranzukommen und hoffen ihm weiterhin Mut machen zu können und ihm Vertrauen zu schenken. Christin, eine junge Frau aus der Textilabteilung, leidet unter starken Panikattacken. Auch ihr stehen wir täglich bei. Wir bitten um Gebetsunterstützung!
Aus den Werkstätten
Die diesjährige Lieferung der Lifegate Geschenkprodukte zu unserer Verkaufsstelle nach Deutschland soll spätestens im September unser Lager verlassen. Daher ist jetzt vor den Sommerferien fast hektische Betriebsamkeit eingefordert. Speziell in der Olivenholzwerkstatt arbeiten wir sehr konzentriert, um all die Herzen, Krippen, Christbaumanhänger, Teelichter, Salatbestecke und Schalen auf unseren Bestelllisten zu produzieren und anschließend zu verpacken. Auch die Keramikwerkstatt bekam in letzter Minute noch einen größeren Auftrag. Strick und Stickabteilung sowie die Nähwerkstatt haben ihre Produkte schon in den Kartons verstaut.
Wie bereits berichtet kehrte unser Orthopädiemechaniker Simon Rössler nach zwei Jahren Lifegate Tätigkeit nach Deutschland zurück und unser herzlicher Dank soll ihn lange begleiten. Wir hatten zwei Jahre gewartet, bis sich dieser motivierte junge Mann bewarb und das durch die Initiative der GIZ unterstütze Projekt „Orthopädiemechanik Werkstatt“ endlich starten konnte. So ist es für uns ein Wunder, dass mit Jonas Weinholz jetzt in nur zwei Monaten ein weiterer junger Fachmann aus Deutschland sich bereit erklärte, die begonnene Arbeit von Simon im Rahmen des GIZ Projektes weiterzuführen. Jonas kennt Lifegate bereits aus einem früheren Volontärseinsatz.
Weitere Ausstattungsgegenstände sind in der Lifegate Bäckerei angekommen und werden nun installiert. Bedingt durch die Corona Pandemie verzögert sich die Einfuhr der bestellten Geräte, die aus Italien, der Türkei und von Spanien angeliefert werden. Wir können dennoch nun absehen wie der Raum immer mehr Gestalt annimmt und wir vermutlich schon bald den Geruch von frischem Gebäck in unseren Werkstatträumen erleben werden. Weiterhin freuen wir uns auf Nachrichten von deutschen Bäckern, die uns in dieser Arbeit unterstützen! Bitte melden!
Ferien machen
Im Gästehaus Lifegate Garden konnten wir im Juni nach eineinhalb Jahren „einsamer Zwangspause“ die ersten Gäste begrüßen. Eine lokale Gruppe von Ärzten hielt eine Tagung in unseren Räumen ab und eine Gruppe von Mitarbeitern der GIZ verbrachte zwei Tage mit uns. Auch einige Einzelpersonen genossen die Stille in dem schön hergerichteten und vielen Teilen renovierten Gebäude. Die von der Zivilschutzbehörde geforderte „Feuerfluchttreppe“ ist installiert und auch alle anderen Sicherheitsauflagen sind abgearbeitet. Auch eine nette Pergola fand ihren Platz über einer Sitzecke im Garten. Nun hat Israel die Einreise für Touristen noch einen Monat verschoben und anstatt im Juli sollen im August die ersten ausländischen Besucher zurück in unser Land kommen. Für die Herbstmonate September bis November sind schon Buchungen in Lifegate Garden angefragt, wir warten in Geduld.
Das Team, und wohl auch unsere Kinder und deren Eltern, freuen sich auf die wohlverdienten Ferien (17.Juli bis 23. August), die ja letztes Jahr wegen Corona bei uns nicht stattfanden. Wir hatten uns ja entschlossen den gesamten Sommer durchzuarbeiten, um den Kindern verlorene Zeit (durch vom Gesundheitsministerium angeordnete Schließungen), zurückzugeben.
„Schaffe, schaffe, aber kein Häusle baue!!“
Die Lifegate Landkaufaktion des einzigen verbliebenen freien Nachbargrundstückes geht zwar langsam aber beständig weiter, und immer wieder kommt einmal ein Quadratmeter dazu. Wir hoffen, dass wir dieses ehrgeizige Ziel (1300 qm) erreichen können, benötigen aber wirklich noch einige Wunder. Wichtig, dass wir auf diesem Land nicht bauen wollen, sondern ein besonderer Erlebnispark für unsere schwerstbehinderten Kinder dort seinen Platz finden soll. Die Sinne unserer Kinder sollen angesprochen werden: Riechen, Fühlen, Hören und Sehen und somit die Natur trotz schwerer Einschränkungen hautnah zu erleben. Wir wissen gleichzeitig, was diesen Kindern guttut, hilft auch allen anderen Menschen! Es bleibt weiterhin genügend Raum für einen Spielplatz und schöne Sitzecken unter alten Olivenbäumen.
Das Lifegate Zentrum, eng begrenzt von drei Seiten, vorne das Grundstück (braune Erde mit Olivenbäumen), das wir erwerben können.
Seele baumeln lassen!
Mit uns freuen sich viele Menschen wieder eine Reise antreten zu können, oder auch Zuhause in der näheren Umgebung oder im eigenen Garten ein wenig zu entspannen. Einmal den Terminkalender stecken zu lassen und das Mobiltelefon irgendwo auf „leise gestellt“ zu verlegen. Vielleicht wieder einmal Zeit für ein Gespräch Auge in Auge zu haben, sportlich unterwegs zu sein und auch eine leckere Mahlzeit mit Freunden zu genießen. Manchmal kommen dann auch Gedanken hoch, die man im Alltagsstress nicht zulassen möchte, aber dennoch oft etwas mit unserer Existenz zu tun haben. Gott spricht sehr oft zu uns Menschen in der Stille und er trägt und beschenkt uns im Alltag und auch im Urlaub. Er schrieb uns einen langen „Liebesbrief“ (die Bibel), den wir in Ruhe lesen können. Darin liegt die Kraft ein Leben auf den „Kopf“ zu stellen. Mögen unsere „Urlaubs ‑Antennen“ auf „himmlischen Empfang“ ausgerichtet sein und unsere Seelen baumeln und zu (Seiner) Ruhe kommen.
Eine frohe und gesegnete Sommerzeit
wünscht von Herzen Ihr Burghard Schunkert und das Lifegate Team
Der Jordan fließt gemächlich, auf dem Weg zum See Genezareth